Presseberichte über die Fasanerie, Juli - September 2010

 

23.07.2010

An der Fasanerie in Köthen wird die Säge angesetzt

VON MATTHIAS BARTL

Joachimiallee in Köthen

Entlang der Joachimi- und der Fasanerieallee in Köthen sollen 29 Bäume gefällt werden, die auf die Straße zu stürzen drohen. (FOTO: BARTL)

 

KÖTHEN/MZ. Ab Montag hat die Säge das letzte Wort: Entlang der Fasanerieallee und der Joachimiallee in Köthen müssen in der nächsten Woche insgesamt 29 Bäume fallen. Dies ist das Ergebnis einer nochmaligen Untersuchung der Standsicherheit von Bäumen in der Fasanerie. Zunächst hatte das Grünflächenamt der Stadt Kontrollen durchgeführt, inwieweit die Standsicherheit der Bäume, die in direkter Nachbarschaft der viel befahrenen Straßen zu finden sind, zu Gefährdungspotential führt oder eben nicht. Als die Kontrollen keine definitive Entscheidung zuließen, wurde auf die Unterstützung von Prof. Dr. Andreas Roloff von der TU Dresden zurückgegriffen, der bereits das Gutachten zum Baumbestand erstellt hatte, das jüngst im Stadtrat vorgestellt worden war. "Wir hatten im Straßenbereich rund 200 Bäume gekennzeichnet, die kontrolliert werden sollten", erläutert Baudezernentin Ina Rauer, "und der Gutachter hat 29 ermittelt, die jetzt gefällt werden müssen." Dabei handele es sich um Bäume, die besonders schräg stehen, bei denen sich die Wurzeln heben oder die schon erhebliche Hohlstellen aufweisen. Bei diesen Bäumen sei die Standsicherheit bis zum Herbst nicht mehr gewährleistet, so dass rasch gehandelt werden müsse, sagt Ina Rauer. Dass vom Herbst als Zeit für Baumfällungen die Rede ist, hat einen ökonomischen Grund: Die Bäume, die im Herbst gefällt werden, sind als Nutzholz begehrt, "wenn wir jetzt fällen, dann sind die Bäume nur als Brennholz verwendbar". Dies ist umso ärgerlicher, als der Stadt hinsichtlich des vermutlich unvermeidlichen "Umbaus" der Fasanerie mit Sicherheit auch Kosten entstehen werden. Gefällt werden ab Montag vier Exemplare des Spitz-Ahorns, drei Berg-Ahorn-Bäume, 13 Eschen, drei Robinien und sechs Stiel-Eichen. Die vier stärksten der zur Fällung vorgesehenen Bäume haben einen Stammdurchmesser von mehr als einem Meter. Nach der Fällung der Altbäume soll der Streifen an den Straßen allerdings nicht "nackt" bleiben. Er ist vielmehr für eine Aufforstung vorgesehen. Wie es generell mit der Fasanerie weitergeht, wird vermutlich ab September in einer noch zu bildenden Arbeitsgruppe beraten. Der Bau- und Umweltausschuss wird auf seiner nächsten Sitzung am Donnerstag über deren Zusammensetzung beschließen. Vorgesehen ist, dass die Arbeitsgruppe zwei-, dreimal zusammenkommt und dabei Beschlüsse zur Fasanerie vorbereitet, die der Stadtrat auf seiner Sitzung am 21. Oktober behandeln soll.

Quelle: Mitteldeutsche Zeitung - Köthen/Anhalt, www.mz-web.de

 

 

01.08.2010

Septett sucht nach neuen Wurzeln

VON MATTHIAS BARTL

KÖTHEN/MZ. Das Problem im Problem ist noch gar nicht erforscht. Der Umstand nämlich, wie sich der Zustand der Bäume in der Fasanerie auf den Tierpark am Rand des Parks auswirken wird. Zwar soll Baumexperte Prof. Roloff auch in diesem Bereich bis hin zum Tierheim am Buschteich die Standsicherheit der Bäume begutachten, aber bislang liegen dazu keine Ergebnisse vor. Insofern bleibt reichlich Raum für Spekulationen darüber, ob die wackligen Bäume in der Fasanerie auch die Zukunft des ältesten Heimattierparks im deutschen Osten ins Wanken bringen. Es darf aber als sicher gelten, dass die frisch gegründete Arbeitsgruppe "Fasanerie" der Stadtverwaltung auch dieses Thema auf den Zettel bekommt. In ihr wirken mit: Baudezernentin Ina Rauer, in deren Ressort auch Natur- und Umweltschutzfragen fallen; Umweltamtsleiter Oliver Reinke sowie Prof. Dr. Birgit Felinks von der Hochschule Anhalt, die am Standort Bernburg Landschaftspflege und Gehölzkunde lehrt. Dazu kommt noch ein Vertreter des Naturschutzamtes des Landkreises. Der ist zwar noch nicht benannt, aber es würde nicht überraschen, wenn Amtsleiter Andreas Rößler selbst den Job übernimmt. Immerhin ist Rößler Vorsitzender des Ornithologischen Vereins Cöthens, für den die Fasanerie von jeher besondere Bedeutung hat, und außerdem hat Rößler im Vorjahr mit viel Engagement die Naturschutz-Klassifizierung der Fasanerie als "besonders geschützter Landschaftsbestandteil" betrieben. Wer für die Fraktionen des Stadtrates in der Arbeitsgruppe sitzen wird, konnte auf der vergangenen Sitzung des Bau- und Umweltausschusses bereits mitgeteilt werden. Die CDU wird durch Michael Deißner vertreten, die SPD durch Kerstin Beutler, und für die Linke wird Uwe Stößel in der Arbeitsgruppe mitwirken. Die erste Sitzung soll dann stattfinden, wenn auch die letzten, noch fehlenden Teile des Gutachtens vorliegen, was vermutlich erst im September der Fall sein dürfte. Vorgesehen ist, dass sich die Arbeitsgruppe zwei-, dreimal trifft. Auf diesen Treffen sollen Entscheidungen für den Stadtrat am 21. Oktober vorbereitet werden u. a. zu Empfehlungen darüber, welche Wege in der Fasanerie künftig genutzt werden können und welche Einrichtungen - was logischerweise zuerst einmal bedeutet, dass man sich Klarheit darüber verschaffen muss, wie viele und welche Bäume gefällt werden müssen. Und wie es mit der Wiederaufforstung aussehen könnte. Außerdem will man Festlegungen treffen, wie man die Öffentlichkeit informiert. Im Ausschuss wurde - verklausuliert, aber doch deutlich - zu verstehen gegeben, dass die Sitzungen der Arbeitsgruppe nicht öffentlich stattfinden. Man wolle, umschrieb SPD-Mann Martin Pfarr, keine "Schaufensterpolitik, sondern sachbezogene Entscheidungen".

Quelle: Mitteldeutsche Zeitung - Köthen/Anhalt, www.mz-web.de

 

Leserbrief

Andere Baumarten pflanzen?

01.08.2010, ergo sum

Falls sich der Grundwasserspiegel permanent erhöht haben sollte, ist es zu empfehlen, bei der Neubepflanzung der Fasanerie an andersgeartete Baumarten zu denken, die besser in höherem Grundwasserspiegel gedeihen können.

 

 

02.08.2010

Mit der Säge unterm Blätterdach

VON MATTHIAS BARTL

Michael Ziegler

Hoch in den Baumwipfeln der Fasanerie schneidet Michael Ziegler eine Esche in rund einen Meter lange Stücke. (FOTO: RUTTKE/BARTL)

 

KÖTHEN/MZ. Michael Ziegler hat einen luftigen Arbeitsplatz an diesem Samstagmorgen. Einen, der noch dazu den Augen nahezu verborgen ist. Ziegler klemmt in der Astgabel einer Esche, aus zehn Metern Höhe blickt er hinunter auf den efeuberankten Boden der Fasanerie, von wo aus gleich drei Leute sein Treiben beobachten: ein Journalist, ein Fotograf und mit Andreas Dettke ein Mitarbeiter des städtischen Grünflächenamtes, der für Ziegler zum einen Sicherungsposten ist, zum anderen auch rechte Hand. Ziegler selbst hat nämlich keine Hand frei; der Mann aus Berlin ist dabei, den Stamm der Esche in "handliche" 80 Zentimeter lange Stücke zu schneiden. Die Esche, deren Krone längst als Blatt- und Zweigsalat den Boden deckt, ist einer der 29 Bäume, die unter dem Motto "Gefahr im Verzug" in den zurückliegenden Tagen in der Fasanerie gefällt wurden, weil das Risiko bestand, die Bäume könnten unvermittelt auf die Straße kippen. Die meisten Bäume hat der gelernte Forstwirt Ziegler, der nicht zum ersten Mal für dIe Stadtverwaltung Köthen arbeitet, vom Hubsteiger aus fällen können. "An manche Bäume aber kommt man mit der Bühne nicht ran", sagt er. In diesem Fall waren das zehn Stück. Das ist dann die Stunde für Zieglers gut geübte Kletterkünste. Üblicherweise verwendet er dabei die Seilklettertechnik, "aber hier kann ich auch Steigeisen verwenden." Der Grund ist klar: Die Bäume, auf die Ziegler in der Fasanerie klettert, benötigen keinen Schutz mehr gegen Verletzungen durch die Metallkufen. "Ansonsten", sagt der Baumpfleger, "muss man schon aufpassen, dass man die Bäume nicht beschädigt." Ziegler, 40 Jahre alt, durchtrainiert, findet seinen Beruf "sehr schön und sehr anstrengend". Letzteres glaubt man ihm aufs Wort, wenn man ihn, gesichert nur durch ein Seil, unterm Blätterdach mit der schweren Kettensäge hantieren sieht. Ob es freilich schön ist, was Ziegler in der Fasanerie machen muss? Der Berliner versteht die Andeutung genau. "An einer anderen Stelle", sagt er, "habe ich eine Esche gefällt, die hatte 1,25 Meter Durchmesser, ein Superholz mit Supermaserung, an der konnte ich 130 Jahresringe zählen. Da kann man getrost noch 15 dazurechnen, weil etliche Ringe nicht zu sehen sind. Das war dann also ein 150 Jahre alter Baum - das ist für mich schon traurig, ihn fällen zu müssen." Aber Michael Ziegler versteht auch die Zwangslage, in der sich die Stadt befindet. Sie sei natürlich verantwortlich und müsse auf die problematische Lage reagieren. Und manchmal, so der Fachmann, kommen ja zu der offensichtlichen Notwendigkeit auch Gründe hinzu, die nicht sofort auf der Hand liegen. Die Esche etwa, auf der Ziegler gerade sitzt und sägt, steht im Verdacht, ein hohler Vogel zu sein. Andreas Dettke hat das Loch am Fuß des Baumes längst ausgemacht. Wenn man hineingreift, verschwindet die Hand ganz und gar im Bauminneren. Michael Ziegler geht der Sache auf den Grund, nachdem er den Baum bis auf etwa vier Meter Höhe gestutzt hat. Er setzt die Säge an und zieht mit dem Schwert einen sauberen Schnitt um die Esche, die krachend auf den Boden schlägt. Und dabei zeigt, dass ihr Inneres faktisch nicht mehr vorhanden ist. Vielleicht fünf Zentimeter dick ist noch das Holz, dahinter ist nur noch Sägemehl: Ein Pilz hat der Esche zugesetzt. "Allerdings kann man nicht sagen, dass der Baum nun dadurch unmittelbar vor dem Umfallen gestanden hätte", sagt Michael Ziegler. "Der hätte noch Jahre stehen können oder auch bloß noch Tage - da steckt man nicht drin." Und auch Tiere haben nicht in dem hohlen Stamm gesteckt, ein Umstand, der immer wieder vorkommt und den Baumpfleger zwingt, vorsichtig zu prüfen, ob er eventuell Schaden der besonderen Art anrichten könnte. Nach Lage der Dinge könnte Michael Ziegler bereits im Herbst wieder in Köthen arbeiten. Immerhin: Von den 200 begutachteten Bäumen sind erst 29 gefällt worden. 171 müssen noch weg.

Quelle: Mitteldeutsche Zeitung - Köthen/Anhalt, www.mz-web.de

 

 

03.08.2010

FASANERIE - Wertvolle Bestände

Noch ist es kein Jahr her, dass die Fasanerie erstmals in ihrem Bestehen einen Schutzstatus erhielt. Der Park wurde "Geschützter Landschaftsbestandteil". Zu recht: Das 35 Hektar große Areal ist nicht nur Heimat für einen äußerst wertvollen Altholzbestand, sondern mit diesen alten Bäumen in Zusammenhang stehen die Vorkommen von seltenen Käfern, Vögeln und Fledermausarten. In der Fasanerie finden sich nahezu alle Spechtarten, dazu Fledermäuse wie der Große Abendsegler und die Wasserfledermaus, holzbewohnende Käfer wie Hirschkäfer und Eremit. Wie sich die Bestände entwicklen, wenn erst einmal das Gros der alten Bäume gefällt ist, ist unabsehbar.

Die Fasanerie, einst "welscher Busch" genannt, hat ihre jetzige Struktur durch Gartenbaudirektor August Hooff erhalten. Der Baumbestand ist durchschnittlich 170 bis 200 Jahre alt.

Quelle: Mitteldeutsche Zeitung - Köthen/Anhalt, www.mz-web.de

 

 

05.08.2010

FASANERIE - Wacklige Baumriesen

Die Fasanerie ist mit 35 Hektar Fläche nicht Köthens größter Park, aber der bedeutendste. Sie ist als "Geschützter Landschaftsbestandteil" ausgewiesen und bietet zahlreichen seltenen, geschützten Pflanzen und Tieren Heimat.

Diese Heimat ist bedroht. Da das Schichtwasser in der Fasanerie seit der Wende um rund drei Meter angestiegen ist, sind die Wurzeln der meisten großen Bäume verfault. Viele der 150 bis 200 Jahre alten Riesen stehen auf wackligen Sohlen und drohen umzustürzen. Das Betreten des Parks ist daher seit einigen Monaten verboten.

Der Köthener Stadtrat hat jetzt eine Arbeitsgruppe gebildet, die auf der Grundlage fachlicher Gutachten Entscheidungen zur Zukunft der Fasanerie vorbereiten soll. Dabei ist das Abholzen weiter Bereiche nicht ausgeschlossen.

Quelle: Mitteldeutsche Zeitung - Köthen/Anhalt, www.mz-web.de

 

 

12.08.2010

Anwohner befürchtet eine ähnliche Situation wie in der Fasanerie. - Auch Querallee absperren?

KÖTHEN/MZ/HDA - Die problematische Situation in der Köthener Fasanerie bewegt auch einen Anwohner der Querallee. Nach seiner Meinung müsste - wie die Fasanerie -auch die Querallee gesperrt werden. In den letzten zwei Jahren seien hier mehrere Bäume umgestürzt. Und die Bäume seien so hoch, dass im Falle eines Umstürzens Häuser sowie Strom- und Telefonleitungen stark gefährdet sind. Denkbar wäre nach seiner Auffassung, die Baumkronen so zu stutzen, dass niemand gefährdet ist. Auch der Park am Hubertusteich sollte mit Hinweisschildern versehen werden, die auf die mögliche Gefahr durch umfallende Bäume aufmerksam machen. Erst kürzlich seien hier zwei Bäume in den Teich gestürzt. Sieht die Stadtverwaltung in der Querallee und dem Hubertusteich ebenfalls eine Gefahrenzone? Wie Baudezernentin Ina Rauer auf MZ-Anfrage mitteilte, war der in den Hubertus gestürzte Baum eine sehr hohe Silberpappel mit Schrägstand Richtung Teich. Der Schrägstand sei bekannt gewesen, aufgrund der Neigung zum Teich habe aber keine Gefahr für die Anlieger bestanden. Ausschlaggebend für den Umsturz sei vermutlich der Schrägstand am Uferrand gewesen. "Der durch das Umfallen sichtbar gewordene Wurzelteller weist nicht auf abgefaulte Wurzeln hin", informierte Ina Rauer. Da der Wasserstand des Hubertus in der Zeit des biologischen Lebens der Pappel nahezu gleich bleibend gewesen ist, war der Baum mit dieser Situation groß geworden und hat die entsprechenden Haltewurzeln ausgebildet. "Das ist in Auswertung des Gutachtens zur Fasanerie der wichtige Unterschied, in der Fasanerie sind die Bäume plötzlich mit anderen Bedingungen konfrontiert worden. Die zahlreichen Niederschläge im Frühjahr haben zudem den Boden extrem aufgeweicht, was die Standsicherheit in der Fasanerie ebenfalls negativ beeinflusst hat", äußerte die Baudezernentin. Der zweite, vom Leser genannte Baum werde untersucht. In der Querallee selbst seien in den letzten Jahren tatsächlich zwei größere Eschen umgefallen, dies werde bei den Baumkontrollen beachtet. Die Höhe der Bäume ist nach Auffassung der Dezernentin nicht außergewöhnlich, weshalb ein "Stutzen" nicht gerechtfertigt zu sein scheine. Gegen Staunässe wie in der Fasanerie spreche der Höhenunterschied zwischen Straße und Hubertus, das Wasser könne ungehindert Richtung Hubertus abfließen. Probleme mit vernässten Kellern seien in diesem Bereich Köthens nicht bekannt.

Quelle: Mitteldeutsche Zeitung - Köthen/Anhalt, www.mz-web.de

 

 

23.08.2010

Ein Blick auf die Wurzeln des Übels

VON MATTHIAS BARTL

Dr. Sandra Korn

Kontrollen im Wurzelwerk: Dr. Sandra Korn ist der Fasanerie buchstäblich auf den Grund gegangen. (FOTO: MZ)

 

KÖTHEN/MZ.Norbert Peters vom Köthener Betriebshof hat seinen kleinen Bagger ins Unterholz bugsiert und versenkt jetzt die Schaufel in das laubbedeckte Erdreich. Direkt neben einem 25 Meter hohen Baum gräbt er ein Loch - immer mit Blick darauf, möglichst die Wurzeln des Riesen freizulegen. Dann geht Dr. Sandra Korn ans Werk. Die Forstbotanikerin von der TU Dresden ist in der Fasanerie dabei, das Gutachten abzuschließen, mit dessen Erarbeitung im Frühjahr begonnen wurde und das dabei helfen soll, eine Zukunft für den Köthener Park zu finden. Nachdem im März der Bereich rund um die "Spinne" untersucht wurde, ist jetzt das Umfeld von Tierpark, Tierheim und Abenteuerwiese an der Reihe. Das Ergebnis für diesen Teil der Fasanerie ist zwar offen, aber niemanden würde es wundern, fiele es so aus, wie für den Bereich an Joachimi- und Fasanerieallee: Verheerend.

Im Überlebenskampf

Die Fasanerie ist im Überlebenskampf. Die großen, alten Bäume stehen auf wackligen Füßen, weil ihnen die Bodenhaftung verlorengegangen ist. Das in den zurückliegenden Jahren rapide angestiegene Schichtwasser hat vor allem die "Haltewurzeln" verfaulen lassen. Niemand kann sagen, wann die Bäume umfallen - nur dass das Risiko jederzeit besteht, das darf als sicher gelten. Ob dies für den westlichen Teil der Fasanerie in gleichem Maße zutrifft, darüber sollen die Untersuchungen Aufschluss geben, die Sandra Korn derzeit gemeinsam mit ihrem wissenschaftlichen Helfer Rico Kniesel durchführt. "Wir sehen in der Profilwand, wie viel Grobwurzeln es gibt und wie sie verteilt sind. Auch die Feinwurzelverteilung wird von uns überprüft. Die Bodenproben, die wir mit dem Wurzelbohrer entnommen haben, werden im Labor in Tharandt untersucht." Die Wurzeln werden aus der Erde ausgewaschen, dann binokular in lebendiges und totes Material getrennt. Die Baumarten werden bestimmt. Die Wurzelmasse wird getrocknet und gewogen. Danach wird dieses Gewicht ins Verhältnis zum Volumen des Bodens gesetzt, in dem die Wurzeln gelebt haben. Dann kommt das wahrhaft Schwierige: die Bewertung der ermittelten Daten. Es gebe, bedauert Sandra Korn, keine Standardwerke zu Wurzeln. Man müsse also recherchieren, ob es anderswo Untersuchungen ähnlicher Art gibt und erneut Vergleiche anstellen, "was an anderen Stellen für eine Wurzeldichte gefunden wurde". Aus dieser wissenschaftlichen Ermittlung sollen die Daten hervorgehen, die die Stadt in die Lage versetzen, das Richtige für die Fasanerie in die Wege zu leiten. Hofft jedenfalls Köthens Umweltamtsleiter Oliver Reinke. "Ich befürchte, dass der Zustand der Wurzeln in dem jetzt untersuchten Bereich genauso problematisch ist wie anderswo in der Fasanerie." Nur verbunden mit der besonderen Sorge um den Tierpark. "Der ist", weiß Oliver Reinke, "für die Stadt ganz wichtig." Für die Köthener ist es nur schwer zu verstehen, dass es den Bäumen in der Fasanerie so schlecht geht. Vor allem liegt das daran, dass die Bäume äußerlich einen blendenden Eindruck machen, so Reinke. "Nährstoff sind in der Fasanerie nun wirklich kein Problem." Allerdings sind oft nur noch die oberflächlichen Wurzeln in gutem Zustand, je tiefer man geht, umso mehr stellt sich heraus, dass der Baum nur noch von wenigen Wurzeln gehalten wird. Und das ist manchmal zu wenig, um Schneelasten im Winter tragen zu können oder auch nur die Menge Wasser, die das Laub bei einem stärkeren Regen aufnimmt.

Schutzkordon zur Fahrbahn

"In diesem Jahr sind schon mehr als 30 Großbäume umgefallen", sagt der Umweltamtsleiter. "Oder sie mussten aus Sicherheitsgründen gefällt werden, weil sie in nächster Zeit umgestürzt wären." Zu dieser Zahl kommen noch die Bäume hinzu, die im Juli entlang der Fasanerie- und der Joachimiallee gefällt wurden, weil sie als potentielles Risiko für den Straßenverkehr gelten mussten. Im Herbst und Winter nun sollen durch das Betreuungsforstamt Dessau weitere rund 170 Bäume an Fasanerie- und Joachimiallee der Säge zum Opfer fallen. Man lasse einen 25 Meter breiten Streifen an den Fahrbahnen räumen, so Reinke - im nächsten Jahr soll dann dort wieder aufgeforstet werden. Dies kann als sicher angenommen werden. Dagegen steht noch nicht fest, wie man mit dem Inneren der Fasanerie umgeht. Viel wird davon abhängen, zu welchen Überlegungen die Arbeitsgruppe (AG) Fasanerie kommt, die am 8. September zum ersten Mal tagt. Bis dahin, so Reinke - selbst Mitglied der AG -, sollen zumindest erste Resultate des erweiterten Gutachtens der Dresdener Forstexperten vorliegen.

Quelle: Mitteldeutsche Zeitung - Köthen/Anhalt, www.mz-web.de

 

 

10.09.2010

Die Arbeitsgruppe, die sich mit der Zukunft des Parks in Köthen beschäftigt, hat zum ersten Mal getagt. - Gefährdete "Spinne" in der Fasanerie

VON MATTHIAS BARTL

KÖTHEN/MZ - Die Fasanerie in Köthen wird nie wieder so zu erleben sein, wie sie noch Ende des vergangenen Jahres zu erleben war. Diese Schlussfolgerung lässt sich bereits nach der ersten Sitzung der Arbeitsgruppe ziehen, die sich mit der Zukunft des Köthener Parks beschäftigt. Stark angestiegenes Grundwasser hatte die Wurzeln vor allem der alten und großen Bäume verfaulen lassen, so dass die grünen Riesen nur noch auf wackligen Sohlen stehen und umzustürzen drohen (die MZ berichtete). Aus diesem Grund ist das Betreten der Fasanerie schon seit mehreren Monaten verboten - wenngleich es täglich hunderte Leute gibt, die sich daran nicht halten.

Wegesystem ist Thema

Inwieweit das Betreten der Fasanerie künftig wieder möglich sein wird, ist eines der Themen, mit denen sich die Arbeitsgruppe befasst. "Und da steht eben die Frage, ob es außer dem Hauptweg noch andere Wege durch die Fasanerie geben kann", so Baudezernentin Ina Rauer, die Mitglied der Arbeitsgruppe ist. Beantwortet wird diese Frage derzeit noch nicht - zumindest gibt es dazu keine offiziellen Anmerkungen. Dennoch lassen die vorhandenen Fakten eigentlich keinen anderen Schluss zu als diesen, dass zum Beispiel das Wegegeflecht rund um die "Spinne" keine ernsthafte Überlebenschance hat. Denn wollte man diese Wege weiter geöffnet lassen, so müssten aus Gründen der "Verkehrssicherheit" in einer Pufferzone von 25 Metern Tiefe alle großen Bäume gefällt werden. Ina Rauer schätzt, dass man rund 80 Prozent aller Bäume in der Fasanerie fällen müsste, wollte man das komplette Wegesystem weiterhin erhalten. "Dann habe ich zwar Wege, aber keinen Park mehr", macht sie das Dilemma deutlich, in dem sich die Stadt befindet. Die Entscheidung, die in diesem Punkt demnächst zu treffen ist, wird so oder so die Zukunft der Fasanerie auf Jahre und sogar Jahrzehnte hin stark beeinflussen. Vorgestellt wurden in der Arbeitsgruppe auch die ersten Ergebnisse des durch den Forstwissenschaftler Prof. Roloff von der TU Dresden erarbeiteten Gutachtens. "Die Resultate der Feinwurzeluntersuchung fehlen noch", sagt Ina Rauer. Dennoch lasse sich aus den Werten schon herauslesen, dass der Bereich um den Spielplatz an der Goethestraße, das Terrain rund ums Tierheim und an der Abenteuerwiese "nicht so kritisch sind". In dem Teil der Fasanerie, in dem der Spielplatz liegt, "steht das Grundwasser rund anderthalb Meter unter der Oberfläche. Auf der anderen Seite des Hauptweges findet man es manchmal schon nach ein paar Zentimetern". Hinsichtlich des Tierparks will sich die Baudezernentin noch nicht aus dem Fenster lehnen. Der Standort sei stark vernässt: Was daraus schlussfolgert, kann erst diskutiert werden, wenn das Gutachten vollständig vorliegt.

Absprache mit Forstamt getroffen

Fest steht allerdings schon jetzt, dass im Herbst mit den Fällarbeiten entlang der Bärteichpromenade, der Joachimi- und der Fasanerieallee begonnen wird. Die Absprachen mit dem Betreuungsforstamt sind getroffen, die Fläche ist abgesteckt. "Derzeit werden die Kosten der Fällung ermittelt und das Forstamt ist dabei, mit Interessenten für den Holzverkauf zu reden." Im Frühjahr 2011 will man dann mit der Aufforstung der gefällten Bereiche beginnen, wobei die Stadt auf Fördermittel aus dem Amt für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten hofft. "Wir wollen ganz gezielt aufforsten", erklärt Ina Rauer, "um die Dominanz von Eichen und Eschen in der Fasanerie dauerhaft zu erhalten." Daher bemühe man sich, die bereits vorhandenen Jungpflanzen zu erhalten, "was bei solchen Fällarbeiten aber nicht einfach ist".

 

Kommentar

Kein Reservat

MATTHIAS BARTL meint, dass die Fasanerie auch in Zukunft den Menschen so weit wie möglich offen stehen muss.

Wie die Fasanerie in zehn, 20, 50 Jahren aussehen wird, dafür werden die Entscheidungen in den nächsten Wochen getroffen. Insofern hat die Arbeitsgruppe, die in der Folge der dramatischen Entwicklungen um die Standfestigkeit der alten Bäume des Parks ins Leben gerufen wurde, eine ausgesprochen verantwortungsvolle Aufgabe gestellt bekommen. Sie muss heutige Sicherheits- und künftige Erholungsbedürfnisse gleichermaßen und gleichrangig in ihre Überlegungen einbeziehen und es ist absehbar, dass es kaum Lösungswege geben wird, die beiden Problemfeldern hundertprozentig gerecht werden können. Wenn man zum Beispiel nicht ausschließen kann, das Wegesystem rund um die Spinne gänzlich aufzugeben, dann bedeutet dies schon einen Konflikt zwischen Ökologie und Erholungsnutzung. Gebe ich die Wege frei, muss ich Bäume in großer Zahl fällen, um Risiken für die Spaziergänger auszuschließen. Gleichzeitig aber torpediere ich damit den ökologischen Status, den die Fasanerie als geschützter Landschaftsbestandteil genießt. Damit ist man in diesem Punkt beim Dauerkonflikt Mensch-Natur angelangt, der nunmehr auch für die Fasanerie gelöst oder zumindest entschärft werden muss. Und zwar so, dass die Köthener auch in Zukunft noch etwas von ihrem Park haben. So schön ein reines Biotop für seltene Vögel und noch seltenere Käfer auch wäre - eine Fasanerie, die nicht in möglichst weiten Bereichen der Öffentlichkeit zur Verfügung steht, verlöre zu einem Gutteil ihren historisch tradierten Sinn. Die Arbeitsgruppe und in der Folge der Köthener Stadtrat müssen darauf hinwirken, dass die Fasanerie bei allen Änderungen nicht zu stark von der Stadt und ihren Bewohnern abgekoppelt wird.

Quelle: Mitteldeutsche Zeitung - Köthen/Anhalt, www.mz-web.de